Beiträge

Rückforderung von Sozialleistungen nach Erbe

Grundsätzlich erbringen Sozialleistungsträger jedem Hilfsbedürftigen Sozialleistungen. Allerdings können sie sich das Geld auch zurückholen, wenn der Hilfsbedürftige noch Ansprüche gegen Dritte hat. Die Sozialleistungsträger können diese Ansprüche auf sich überleiten und dann selbst gegen die Dritten geltend machen. Zu solchen Ansprüchen gegenüber Dritten können auch erbrechtliche Ansprüche gehören. Wird also jemand, dem der Staat Sozialleistungen gewährt hat, Erbe, kann er diesen Anspruch auf sich überleiten und ihn gegenüber den anderen Erben geltend machen.

Zu dieser Problematik hatte das Oberlandesgericht Oldenburg über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Stadt hatte für einen Mann über Jahre ca. 19.000 € Sozialleistungen erbracht. Als seine Mutter im Jahr 2015 verstarb, setzte diese den Sohn des Mannes, also ihren Enkel, als Alleinerben ein. Der Mann selbst wurde nicht Erbe und hatte somit nur einen Pflichtteilsanspruch. Er selbst verstarb im Jahr 2020. Die Stadt hatte den Pflichtteilsanspruch des Mannes gegenüber seiner verstorbenen Mutter in Höhe der erbrachten Sozialleistungen auf sich übergeleitet. Sie wandte sich nach dessen Tod dann an den Enkelsohn als Pflichtteilsschuldner und verlangte Zahlung. Mit Erfolg, wie die Richter entschieden.

Quelle: OLG Oldenburg, 3 U 121/21, Beschluss vom 17.12.2021.

Maßgebliche Faktoren bei der Auslegung von Testamenten

Privatschriftliche Testamente von einem juristischen Laien sorgen häufig für erhebliche Praxisprobleme, weil sie ungenau formuliert sind und damit Auslegungsprobleme verursachen. Das Oberlandesgericht Saarbrücken hatte nun in einer aktuellen Entscheidung mit einem in mehrfacher Hinsicht ungenauen privatschriftlichen Testament zu tun und hat eine Reihe von Grundsätzen für die Ermittlung des tatsächlichen Erblasserwillens aufgestellt.

Ausgangsfall: Ein verwitweter und kinderloser Erblasser hinterlässt zum Zeitpunkt seines Todes ein privatschriftliches Testament. Seine Lebensgefährtin beantragt die Ausstellung eines Erbscheins, das sie zur Alleinerbin ausweisen soll.  Das Amtsgericht hat dem Antrag der Lebensgefährtin auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin stattgegeben und den Widerspruch eines am Erbscheinverfahren Beteiligten zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde lag dem Oberlandesgericht Saarbrücken zur Entscheidung vor, welche im Ergebnis abgelehnt wurde.

1.Schritt Testamentsauslegung: Die Testamentsauslegung dient ausschließlich der Erforschung des Erblasserwillens

Zunächst stellte das Oberlandesgericht klar, dass die Auslegung des Testaments gemäß §§ 2084, 133 BGB ausschließlich den Zweck zu verfolgen hat, den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln (BGH, Urteil v. 7.10.1992, IV ZR 160/91). Dabei ist zu berücksichtigen, ob ein Erblasser erkennbar aufgrund seiner Sprach- und Grammatikkenntnisse mit seinen Worten nicht exakt das zum Ausdruck gebracht habe, was er eigentlich wollte. Es muss daher darauf abgestellt werden wie sprach- und wortgewandt ein Erblasser ist und was er damit ausgedrückt haben könnte. Um den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen müssen in einem solchen Auslegungsfall durch Auslegung (§ 133 BGB) Wortsinn der vom Erblasser verwendeten Begrifflichkeiten unter Heranziehung aller bekannten Begleitumstände hinterfragt werden (BGH, Urteil v. 4. 6. 2009, IV ZR  202/07).

2. Schritt gesetzliche Auslegungsregel

Eine wesentliche Bedeutung bei der Auslegung des Testaments im konkreten Fall maß das Oberlandesgericht der Vorschrift des § 2087 Abs. 2 BGB zu. Danach ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass der Erblasser eine mit einzelnen Vermögensgegenständen bedachte Person als Erbe einsetzen wollte, auch wenn er diese als Erbe bezeichnet hat. Im der Entscheidung zugrundeliegende Fall hat der Erblasser im Testament mehrfach von „vererben“ gesprochen und dabei sowohl seine Lebensgefährtin als auch Nichten und ein Neffe mit Gegenständen bedacht. Offenkundig hat der Erblasser jedoch nicht zwischen den rechtlichen Begriffen zwischen „Erben“ und „Vermächtnis“ unterschieden.

3. Schritt: Übertragung des wesentlichen Nachlassteils spricht gegen bloßen Vermächtnis 

Nach der allein entscheidenden Vorstellung des Erblassers habe dieser seiner Lebensgefährtin bei der Nennung der Vermögensgegenstände Haus und Barvermögen bei einer Bank nämlich sein wesentliches Vermögen zugewandt und sie damit erkennbar als seine unmittelbare Rechtsnachfolgerin einsetzen wollen(BGH, Beschluss v. 12.7.2012, IV ZB 15/16). Bei den seinen Nichten und dem Neffen zugewandten Grundstücken handle es sich um einfache Grün- und Ackerflächen ohne einen – im Vergleich zu dem Hausgrundstück – ins Gewicht fallenden wesentlichen Wert.

4. Schritt: Umgangssprachlicher Begriff „Haus kann das gesamte Grundstück umfassen

Im Testament sprach der Erblasser vom Haus und nicht von dem gesamten Hausgrundstück. Nichte und Neffe leiteten daraus lediglich die Einräumung eines Nutzungsrechts ab. Das Oberlandesgericht sah dies jedoch anders. Mit der umgangssprachlichen Wortwahl „Haus“ habe der Erblasser erkennbar das Eigentum an den gesamten Anwesen einschließlich des Inventars auf seine Lebensgefährtin übertragen wollen. Auch ein sprachlich und juristisch nicht versierter Erblasser wähle umgangssprachlich andere Formulierungen, wenn er einer Person lediglich ein Nutzungsrecht einräumen wolle.

5. Schritt: Übertragung der Bestattungskosten als weiteres Indiz

Nach Auffassung des OLG spricht auch die Übertragung des gesamten Barvermögens und insbesondere die Übertragung der Verantwortlichkeit für seine Beisetzung und die Folgekosten wie zum Beispiel Grabpflege für die Vorstellung des Erblassers, dass seine Lebensgefährtin nach seinem Tode über den Nachlass verfügen und auch die Nachlassverbindlichkeiten, also u.a. die Bestattungskosten (§ 1968 BGB) als Nachlassinhaberin regeln solle.

6. Schritt: Übergehen einer nahen Verwandten kann Absicht sein

Die völlige Außerachtlassung der Schwester im Testament des Erblassers spricht nach Auffassung des OLG ebenfalls nicht gegen eine Einsetzung der Lebensgefährtin als Alleinerbin. Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Erblasser habe seine Schwester nicht von der Erbschaft ausschließen wollen, bewertete das OLG als rein spekulativ und durch keinerlei Tatsachenhintergrund belegt. Vielmehr sprächen sämtliche Indizien für das vom AG gefundene Ergebnis, dass der Erblasser seiner Lebensgefährtin sein wesentliches Vermögen übertragen und sie zur Alleinerbin einsetzen wollte, während er seinen Nichten und seinem Neffen lediglich wertmäßig eher geringfügige Vermächtnisse zugedacht habe.

Fazit: Wer ein privatschriftliches Testament errichten möchte, der sollte sich zumindest juristisch beraten lassen, damit das Testament nach Möglichkeit eindeutig formuliert ist und so ein späterer Streit um das Erbe vermieden wird.

Quelle: Saarländisches OLG, Beschluss v. 30.3.2022, 5 W 15/22

Zur Wirksamkeit eines „Corona-Nottestaments“

Wer sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände so abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann das Testament z. B. durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten. Die drei Zeugen haben dabei eine Anwesenheits- und Mitwirkungspflicht für die mündliche Erklärung des letzten Willens, dessen Aufnahme und Verlesung und deren Genehmigung durch den Erblasser. Sie müssen also während der gesamten Testamentserrichtung anwesend sein, es muss hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden und die Zeugen müssen diese unterschreiben.

In dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf am 6.1.2022 entschiedenen Fall war ein Nottestament nicht wirksam, denn die das Testament mitunterzeichnenden Zeugen waren nicht gleichzeitig anwesend. Ferner hatten sie die Niederschrift nacheinander und jeweils einzeln dem Erblasser vorgelesen und den Text unterschrieben.
Quelle: OLG Düsseldorf, 06.01.2022 – Az: 3 Wx 216/21

OLG Bamberg zur Anfechtung einer Erbausschlagung

Die formgerechte Anfechtungserklärung bezüglich einer vorausgegangenen Erbausschlagung erfordert bei Abgabe der Erklärung in öffentlich beglaubigter Form den Eingang der Originalurkunde beim Nachlassgericht.

Die Übermittlung der als Papierurkunde erstellten notariell beglaubigten Anfechtungserklärung in Gestalt einer pdf-Datei über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Nachlassgericht reicht zur Wahrung der erforderlichen Form für eine wirksame Anfechtung der Erbausschlagung nicht aus.

Die Anfechtungserklärung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt.

So hatten in dem vom Oberlandesgericht Bamberg entschiedenen Fall Geschwister eine Ausschlagungserklärung angefochten. Eine beglaubigte pdf-Datei ging per besonderem Anwaltspostfach raus und das Original wurde per Post hinterhergeschickt. Dieses kam jedoch nach Ablauf der Frist beim zuständigen Gericht an und konnte damit die Erbausschlagung nicht mehr aufheben.
Quelle: Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss v. 21.3.2022 – 2 W 35/21

Grabpflegekosten sind keine Nachlassverbindlichkeit

Grundsätzlich trägt der Erbe die Kosten der Beerdigung des Erblassers. Diese stellen jedoch eine Nachlassverbindlichkeit dar, die das Erbe mindern. Der Bundesgerichtshof hat nun in seinem Urteil v. 26.5.2021 festgestellt, dass es sich bei Grabpflegekosten nicht um Nachlassverbindlichkeiten handelt, die das Erbe schmälern.

Das gilt auch dann, wenn – wie im entschiedenen Fall – der Erblasser im Testament das Erbe nicht ganz „verteilt“ und bestimmt hat, dass der Rest für 20 Jahre Grabpflege verwendet werden soll. Eine in einer letztwilligen Verfügung enthaltene Auflage des Erblassers an die Erben zur Grabpflege führt nicht zu einer Kürzung eines Pflichtteilsanspruchs.
Quelle: BGH Urteil vom 26.05.2021, Aktenzeichen IV ZR 174/20

Übergang von Pflichtteilsansprüchen auf Sozialhilfeträger

Grundsätzlich erbringen Sozialleistungsträger jedem Hilfsbedürftigen Sozialleistungen. Allerdings können sie sich das Geld auch zurückholen, wenn der Hilfsbedürftige noch Ansprüche gegen Dritte hat. Die Sozialleistungsträger können diese Ansprüche auf sich überleiten und dann selbst gegen die Dritten geltend machen. Zu solchen Ansprüchen gegenüber Dritten können auch erbrechtliche Ansprüche gehören. Wird also jemand, dem der Staat Sozialleistungen gewährt hat, Erbe, kann er diesen Anspruch auf sich überleiten und ihn gegenüber den anderen Erben geltend machen.

Zu dieser Problematik hatte das Oberlandesgericht Oldenburg über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Stadt hatte für einen Mann über Jahre ca. 19.000 € Sozialleistungen erbracht. Als seine Mutter im Jahr 2015 verstarb, setzte diese den Sohn des Mannes, also ihren Enkel, als Alleinerben ein. Der Mann selbst wurde nicht Erbe und hatte somit nur einen Pflichtteilsanspruch. Er selbst verstarb im Jahr 2020. Die Stadt hatte den Pflichtteilsanspruch des Mannes gegenüber seiner verstorbenen Mutter in Höhe der erbrachten Sozialleistungen auf sich übergeleitet. Sie wandte sich nach dessen Tod dann an den Enkelsohn als Pflichtteilsschuldner und verlangte Zahlung. Mit Erfolg, wie die Richter entschieden.
Quelle: PM des OLG Oldenburg vom 17.02.2022 zum Beschluss vom 17.12.2021 – 3 U 121/21

Erstattungspflicht von Beerdigungskosten

Grundsätzlich gilt auch bei Bestattungen, dass derjenige die Rechnung zahlen muss, der den Auftrag erteilt hat. Trotzdem können die Erben in Anspruch genommen werden, auch wenn ein anderer den Bestatter beauftragt hat. Über die Art und Weise einer Bestattung entscheiden nicht zwangsweise die Erben, sondern die nächsten Angehörigen, es sei denn, der Verstorbene hat etwas anderes bestimmt. In den Landesgesetzen ist geregelt, wer von den Angehörigen vorrangig das Recht hat, über die Beisetzung zu entscheiden.

Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) hatte in einem Fall zu entscheiden, bei dem der Sohn des Verstorbenen die Beerdigung organisierte. Der Sohn stellte allerdings fest, dass er nicht Alleinerbe war und forderte von den Erben den Ersatz der Kosten aus dem Nachlass.

Das OLG kam zu der Entscheidung, dass dem Sohn die anfallenden Kosten von den Erben erstattet werden müssen. Entscheidend für den Umfang der Erstattungspflicht ist die Lebensstellung des Verstorbenen. Sie umfasst diejenigen Kosten, die für eine angemessene und würdige Bestattung erforderlich sind. Vornehmlich geben dabei die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Verstorbenen den Ausschlag.
Quelle: OLG Koblenz 03.09.2021 Az. 12 U 752/21).

Verjährung von Pflichtteils­ergänzungs­ansprüchen

Nach dem Tod des Erblassers sollte in Zweifelsfällen unverzüglich das postmortale Vaterschaftsfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Der BGH hat in einem Urteil klargestellt, dass auch im Falle einer späteren postmortalen Vaterschaftsfeststellung die Verjährung etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche des Abkömmlings gegen einen Beschenkten gemäß § 2239 BGB auf Herausgabe des Geschenks innerhalb von drei Jahren nach dem Erbfall eintritt.

Der Fall

Der Erblasser hatte seinen Söhnen aus erster Ehe in den Jahren 1995 und 2002 mehrere Grundstücke schenkungsweise unter Nießbrauchsvorbehalt hinterlassen. Im Juli 2007 verstarb der Erblasser schließlich. Im März 2012 hatte der Kläger einen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft gestellt. Der Beschluss zur Feststellung der Vaterschaft erging im Februar 2015. Der Kläger forderte daraufhin die beiden Halbbrüder zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses auf. Die Beklagten erhoben daraufhin Verjährungseinrede.

Der Instanzenweg zum BGH

Die vom Kläger eingereichte war in sämtlichen Instanzen bis hoch zum BGH erfolglos und wurde jeweils abgewiesen. Auch der BGH wies die Klage ab, da die vom Kläger gemäß § 2329 Absatz 1 und 3 BGB verfolgten Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt waren.

Die Urteilsgründe des BGH zur Verjährung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen

In seiner Urteilsbegründung stellte der BGH klar, dass der Kläger nach der rückwirkenden Feststellung der Vaterschaft zwar zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge seines Vaters gehört. Ihm kann daher grundsätzlich auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die beschenkten Miterben auf Herausgabe der Geschenke zustehen. Allerdings gilt die Verjährungsfrist des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ohne Rücksicht auf die Miterbenstellung kenntnisunabhängig. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab Eintritt des Erbfalls. Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, dass die Verjährung bereits im Juli 2010 und damit weit vor Klageerhebung im November 2015 eingetreten ist.

Der BGH stellt damit klar, dass es für die Verjährung ausschließlich auf den Eintritt des Erbfalls ankommt und der Wortlaut der Verjährungsvorschrift daher eng auszulegen sei. Aus dem Verjährungsrecht ergibt sich der Grundgedanke, dass im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit gewisse tatsächliche Zustände, die längere Zeit hindurch unangefochten bestanden haben, nicht mehr infrage gestellt werden sollen.
Im Ergebnis ist der Kläger damit gegen den beschenkten Erben auf die Geltendmachung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen gemäß § 2325 BGB beschränkt, welche der regelmäßigen, kenntnisunabhängigen Verjährung gemäß §§ 195, 199 BGB unterliegen. Diese Ansprüche hängen von der Kenntnis des Gläubigers und damit auch von der Vaterschaftsfeststellung ab und mildern Härten zulasten der Pflichtteilsberechtigten damit etwas ab. Der BGH weist noch darauf hin, dass in extremen Fällen eine Verjährungseinrede wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben als unwirksam gewertet werden kann. Hierzu gehört beispielsweise, wenn der Schuldner den Gläubiger von der Wahrung der Verjährungsfrist abgehalten hat.

Fazit

Nichteheliche Kinder, deren Vaterschaft noch nicht festgestellt ist, sollten nach dem Tod des Erblassers unverzüglich das postmortale Vaterschaftsfeststellungsverfahren einleiten. Nur so kann es möglich werden, dass eine Klage gegen einen Beschenkten auf Pflichtteilsergänzung durch Herausgabe des Geschenks gemäß § 2329 BGB rechtzeitig vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist erhoben wird.

Quelle: BGH, Urteil vom 13.11.2019, Aktenzeichen IV ZR 317/17

BGH über Erben beim Digitalen Nachlass

Der BGH hat in einem aktuellen Urteil eine wegweisende Entscheidung über die Rechte der Erben beim Digitalen Nachlass getroffen.

Jahrelanger Rechtsstreit

Ein Rechtsstreit zwischen Eltern einer verstorbenen Jugendlichen und dem Sozialen Netzwerk Facebook beschäftigt bereits seit mehreren Jahren die Gerichte. Hintergrund des Rechtsstreits ist, dass die Eltern eines 15jährigen Mädchens, die im Jahr 2012 in einem U-Bahnhof ums Leben gekommen ist, sich vom Zugang zum Facebook-Account der verstorbenen Tochter Hinweise darauf erhoffen, ob sich ihre Tochter das Leben genommen haben könnte oder ob es sich um ein Unglücksfall handelte. In einer Grundsatzentscheidung im Jahr 2018 entschied der BGH, dass auch der Digitale Nachlass den Erben gehöre (BGH, Urt. v. 12.07., Az. III ZR 183/17). Facebook meinte dem Urteil in der Form ausreichend nachzukommen, indem es den Eltern ein unstrukturiertes 14.000 seitiges PDF-Dokument übergab. Die Eltern sahen dies anders und gingen dagegen gerichtlich vor.

Aktuelle BGH-Entscheidung zum Digitalen Nachlass

Nachdem der BGH in seiner Grundsatzentscheidung im Jahr 2018 bereits klarstellte, dass auch der Digitale Nachlass den Erben gehöre hat es nun den klargestellt, dass der „Zugang“ zu einem Sozialen Netzwerk sprachlich dahingehend zu verstehen ist, dass die Erben in den Herrschaftsbereich des Kontos „hineingehen“ können müssen. Die bloße Übermittlung der Inhalte in Form eines unstrukturierten, 14.000 seitigen PDF-Dokuments werde dieser Auslegung aber nicht gerecht. Der BGH stützt sich in seiner Urteilsbegründung auf den Grundsatz der Universalsukzession in § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach die Erben in das Vertragsverhältnis des Erblassers mit dem Sozialen Netzwerk eingetreten seien. Die Erben sind somit neue Berechtigte des Social-Media-Accounts und haben einen Primärleistungsanspruch auf „Zugang“ zu dem Benutzerkonto. Dieser „Zugang“ kann für die Erben nicht anders ausgestaltet werden als es für die Erblasserin selbst ausgestaltet war. Lediglich die aktive Nutzung des Kontos ist für die Erben untersagt.

Fazit

Es ist davon auszugehen, dass der Rechtsstreit mit diesem zweiten Grundsatzurteil des BGH nunmehr endgültig entschieden ist. Er stellt die Reichweite des Digitalen Nachlasses beim Erben klar. Für die Eltern des verstorbenen Mädchens bleibt zu hoffen, dass ihnen dies Gewissheit über die vorhandenen Unsicherheiten rund um den Tod der eigenen Tochter und letztlich etwas Seelenfrieden verschafft.

Quelle: BGH, Beschl. v. 27.08.2020, Az. III ZB30/20

Die Pressemitteilung des BGH finden Sie hier.

Keine Erbenhaftung bei Suizid

Stichwort Erbenhaftung: Das OLG Frankfurt hat in einer kürzlich getroffenen Entscheidung entschieden, dass Erben des Verstorbenen dem involvierten Lokführer nicht auf Schadensersatz haften, wenn der Schaden in einem die freie Willensentschließung ausschließenden Zustand zugefügt wurde (Beschluss vom 24.06.2020, Az. 16 U 265/19).

Der Sachverhalt

In vorliegendem Fall kollidierte ein Güterzug mit einer sich vermutlich in Suizidabsicht auf dem Gleisfeld aufhaltenden Person. Der Lokführer konnte die Person erst spät wahrnehmen, seine eingeleitete Sofortbremsung konnte die Kollision nicht mehr verhindern. Nach dem Vorfall war der Lokführer zwei Jahre arbeitsunfähig krank geschrieben. Der Arbeitgeber des Lokführers musste die Dienstbezüge des Lokführers weiter bezahlen und auch dessen Heilbehandlungskosten. Im Streit stand ein Schadensersatz über ca. 90.000 €, welche der Arbeitgeber des Lokführers von den Erben geltend machte. Wie traumatisch die sogenannten Schienensuizide für die beteiligten Lokführer sein kann schildert beispielsweise dieser Artikel.

Schuldhafte Begehung des Suizids als Kriterium für Erbenhaftung

Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Suizid schuldlos begangen wird. In vorliegendem Fall habe der Sachverständige festgestellt, dass der Verstorbene nur noch ein Ziel mit seinem Suizid kannte. Er habe weder zwischen richtig und falsch unterscheiden noch Alternativen wahrnehmen können. Eine bewusste und akribische Planung des eigenen Freitods spreche laut Oberlandesgericht nicht für seine Schuldfähigkeit. Das OLG lehnte ferner auch eine Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen ab, da die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen nicht besser als die des Geschädigten seien.

Effektive Abwehr von Erbenhaftungsansprüchen

Das Thema Erbenhaftung kann immer mal wieder in unterschiedlichen Konstellationen auf Erben zukommen. Es ist wichtig, dass Sie über Ihre Rechte und Pflichten als Erbe Bescheid wissen und mögliche Haftungsansprüche effektiv abwehren können.