Verjährung von Pflichtteils­ergänzungs­ansprüchen

Nach dem Tod des Erblassers sollte in Zweifelsfällen unverzüglich das postmortale Vaterschaftsfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Der BGH hat in einem Urteil klargestellt, dass auch im Falle einer späteren postmortalen Vaterschaftsfeststellung die Verjährung etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche des Abkömmlings gegen einen Beschenkten gemäß § 2239 BGB auf Herausgabe des Geschenks innerhalb von drei Jahren nach dem Erbfall eintritt.

Der Fall

Der Erblasser hatte seinen Söhnen aus erster Ehe in den Jahren 1995 und 2002 mehrere Grundstücke schenkungsweise unter Nießbrauchsvorbehalt hinterlassen. Im Juli 2007 verstarb der Erblasser schließlich. Im März 2012 hatte der Kläger einen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft gestellt. Der Beschluss zur Feststellung der Vaterschaft erging im Februar 2015. Der Kläger forderte daraufhin die beiden Halbbrüder zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses auf. Die Beklagten erhoben daraufhin Verjährungseinrede.

Der Instanzenweg zum BGH

Die vom Kläger eingereichte war in sämtlichen Instanzen bis hoch zum BGH erfolglos und wurde jeweils abgewiesen. Auch der BGH wies die Klage ab, da die vom Kläger gemäß § 2329 Absatz 1 und 3 BGB verfolgten Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt waren.

Die Urteilsgründe des BGH zur Verjährung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen

In seiner Urteilsbegründung stellte der BGH klar, dass der Kläger nach der rückwirkenden Feststellung der Vaterschaft zwar zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge seines Vaters gehört. Ihm kann daher grundsätzlich auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die beschenkten Miterben auf Herausgabe der Geschenke zustehen. Allerdings gilt die Verjährungsfrist des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ohne Rücksicht auf die Miterbenstellung kenntnisunabhängig. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab Eintritt des Erbfalls. Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, dass die Verjährung bereits im Juli 2010 und damit weit vor Klageerhebung im November 2015 eingetreten ist.

Der BGH stellt damit klar, dass es für die Verjährung ausschließlich auf den Eintritt des Erbfalls ankommt und der Wortlaut der Verjährungsvorschrift daher eng auszulegen sei. Aus dem Verjährungsrecht ergibt sich der Grundgedanke, dass im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit gewisse tatsächliche Zustände, die längere Zeit hindurch unangefochten bestanden haben, nicht mehr infrage gestellt werden sollen.
Im Ergebnis ist der Kläger damit gegen den beschenkten Erben auf die Geltendmachung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen gemäß § 2325 BGB beschränkt, welche der regelmäßigen, kenntnisunabhängigen Verjährung gemäß §§ 195, 199 BGB unterliegen. Diese Ansprüche hängen von der Kenntnis des Gläubigers und damit auch von der Vaterschaftsfeststellung ab und mildern Härten zulasten der Pflichtteilsberechtigten damit etwas ab. Der BGH weist noch darauf hin, dass in extremen Fällen eine Verjährungseinrede wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben als unwirksam gewertet werden kann. Hierzu gehört beispielsweise, wenn der Schuldner den Gläubiger von der Wahrung der Verjährungsfrist abgehalten hat.

Fazit

Nichteheliche Kinder, deren Vaterschaft noch nicht festgestellt ist, sollten nach dem Tod des Erblassers unverzüglich das postmortale Vaterschaftsfeststellungsverfahren einleiten. Nur so kann es möglich werden, dass eine Klage gegen einen Beschenkten auf Pflichtteilsergänzung durch Herausgabe des Geschenks gemäß § 2329 BGB rechtzeitig vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist erhoben wird.

Quelle: BGH, Urteil vom 13.11.2019, Aktenzeichen IV ZR 317/17

Testamentarische Erbfolge: zum Begriff „gemeinschaftliche Abkömmlinge“

Das OLG Oldenburg stellte in einem Urteil betreffend der testamentarischen Erbfolge (OLG Oldenburg, Urteil vom 11.09.2019, Aktenzeichen 3 U 24/18) fest, dass unter den Begriff der „gemeinschaftlichen Abkömmlinge“ auch Enkel oder Urenkel fallen können. Dies erscheint zunächst logisch, da sich dies bereits aus dem Gesetz ergibt, siehe § 1924 BGB. Bei genauerer Betrachtung des Urteils ergibt sich jedoch wie wichtig es ist ein Testament eindeutig und klar verständlich abzufassen, damit die Auslegung des letzten Willens keine Zweifel offen lässt.

 

Zum Fall, der dem Urteil zugrunde liegt:

Ein Ehepaar hat sich in einem notariellen Ehegattentestament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Erben des letztversterbenden Ehegatten sollten „die gemeinsamen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen“ sein. Im Wege einer Freistellungs- und Abänderungsklausel wurde dem überlebenden Ehegatten in dem notariellen Ehegattentestament die Möglichkeit eingeräumt die Erbfolge unter den gemeinschaftlichen Abkömmlingen abzuändern. Nach dem Tod des Ehemanns machte die überlebende Ehefrau von dieser Möglichkeit auch Gebrauch und bestimmte in einem zweiten Testament eine der beiden gemeinsamen Töchter und deren Sohn als Erben. Die andere Tochter war damit nicht einverstanden und klagte. Nach ihrer Auffassung war unter dem Begriff der „gemeinsamen Abkömmlinge“ nur die gemeinsamen Kinder der Eheleute zu verstehen und die Erbeinsetzung der Mutter sei daher unwirksam. Erben seien daher nur die beiden Töchter des Ehepaares.

 

Der Instanzenweg

In erster Instanz bekam die Klägerin vom Landgericht Osnabrück Recht. Gegen diese Entscheidung legten wiederum die andere Tochter und ihr Sohn Berufung vor dem OLG Oldenburg ein und obsiegten.

 

Die Urteilsgründe des OLG Oldenburg zur testamentarischen Erbfolge

Das OLG Oldenburg stützte sich in seiner Urteilsbegründung zur testamentarischen Erbfolge im vorliegenden Fall auf den Begriff Abkömmlinge, der nicht nur die eigenen Kinder, sondern auch Enkel, Urenkel und alle weiteren Nachfahren in gerader Linie umfasst. Möchte man eine Einschränkung nur auf die eigenen Kinder nehmen, so kann man im Testament auch die Formulierung „Kinder“ anstelle von „Abkömmlingen“ wählen. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass die Eheleute bei dem Begriff „Abkömmlinge“ die Kinder und Enkel sowie Urenkel gleichbehandeln wollten, da die Kinder nach dem Versterben der Eltern häufig bereits eine gefestigte Lebensposition haben, während die Enkel oder Urenkel noch auf die finanzielle Unterstützung angewiesen seien. Es sei darüber hinaus plausibel, dass „die Eheleute alle Abkömmlinge gleich behandeln wollten und der Umfang des Erbes der einzelnen Enkelkinder nicht davon abhängen sollte, ob deren eigenen Eltern noch lebten und wie viele Geschwister sie noch jeweils hätten“.

 

Fazit:

Das Urteil des OLG Oldenburg überzeugt, da es den Begriff „Abkömmlinge“ im Rechtssinne verwendet und nicht in einer anderen Weise als es das BGB vorsieht. Inhaltlich zeigt es die Wichtigkeit eines eindeutig gefassten Testaments auf. Sollte der Wunsch der Erblasser darauf gerichtet sein, dass alle Familienzweige gleich behandelt werden und gleich bedacht werden, so muss dies auch aus der Formulierung des Testaments hervorkommen. Ansonsten eröffnet ein Ehegattentestament mit Freistellungs- bzw. Abänderungsklausel auch genau diese Möglichkeiten wie in dem vom OLG Oldenburg entschiedenen Fall.

 

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