Wie viele Menschen besitzen eine Patientenverfügung?
Eine Nachricht in den Finanznachrichten vom 08.07.2016 erregte meine Aufmerksamkeit. Die Überschrift lautete „Deutsche besitzen keine wirksame Patientenverfügung – Die meisten Verfügungen sind im Ernstfall unbrauchbar“. In der Meldung selbst wurde davon berichtet, dass neun von zehn Deutschen keine wirksame Patientenverfügung besäßen. Das ruft natürlich die Nachfrage hervor wer diese Statistik wie erhoben hat und wie belastbar diese Zahlen sind. Im weiteren Text wurde dann auf die Quelle verwiesen: Eine Studie des Sozialforschungsinstituts Mentefactum im Auftrag des Online-Dienstleisters DIPAT. Nachdem im weiteren Text genau dieser Online-Dienstleister zur Bedeutung der Patientenverfügung zu Wort kommt und dabei auch beiläufig erwähnt, dass es sich dabei um eine telefonische Befragung gehandelt habe, wird in den beiden letzten Absätzen die Dienstleistung von DIPAT bei den Patientenverfügungen erwähnt und anschließend die DIPAT dargestellt. Es bietet dem Nutzer die angeblich eigenständige Erstellung der Patientenverfügung und die Hinterlegung in der Online-Datenbank der DIPAT.
Nichts für ungut – ein Dienstleister mit einem eigenen geschäftlichen Interesse am Ausgang einer Befragung wird wohl keine wirklich unabhängige und repräsentative Studie vorlegen können. Ich halte das Zahlenmaterial des Statistik-Portals statista bezüglich des Interesses an Patientenverfügung (siehe: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/169369/umfrage/interesse-an-patientenverfuegung-nach-alter/) deshalb für aussagekräftiger.
Unabhängig von der Frage wie belastbar die behaupteten Zahlen sind: Bei der Erstellung einer Patientenverfügung und der individuelle Beratung der Möglichkeiten hierüber wird es so schnell keinen adäquaten Ersatz geben. Bei der Hinterlegung einer Patientenverfügung ist immer die Frage von besonderer Bedeutung, dass Dritte im Notfall einfach Kenntnis nehmen können. Ob dies bei einem Online-Dienstleister gewährleistet ist, sei mal dahingestellt. Eine Notfallkarte im Geldbeutel sowie der Hinterlegung bei Angehörigen, Vertrauenspersonen, der Verwaltung eines Pflegeheimes oder dem Hausarzt ist dies beispielsweise auf eine einfache und kostenneutrale Art und Weise möglich. Der VorsorgeAnwalt e.V. bietet entsprechende Notfallkarten an. Daneben sei noch auf das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer verwiesen (siehe: http://www.vorsorgeregister.de/)
Da Hinterfragen der Zahlen ist berechtigt, aber neben den Zahlen von statista gibt es auch noch diese Infos: http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=16&aid=152952&s=2014&s=Patientenverf%FCgung und auch diese: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bgh-xii-zb-6116-patientenverfuegung-anforderungen-lebensverlaegernde-massnahmen-bestimmtheit/. Aus ärztlicher Sicht stimmt es schon was dipat sagt. Dennoch ist „anklicken“ keine effektive Lösung. Und wie sollte dann die Empfehlung des BMJV.de vor sich gehen, dass man eine Patientenverfügung einmal jährlich erneuern sollte? Eine (von mehreren) Antwort darauf versuche ich in meinem Patientenratgeber mit dem Titel „Pflegefall? Nein, danke! Mit der Patientenverfügung selbst entscheiden“ (Facultas-Maudrich-Verlag, Wien, 2017) zu geben, der auch Deutsches und Schweizer Recht berücksichtigt.
Aus gutem Grund sagt man, man solle keiner Statistik glauben, die man nicht selbst gefälscht hat. Ich kann mir aber vorstellen, dass viele Menschen keine Patientenverfügung besitzen. Die meisten denken gar nicht darüber nach bis es schon fast zu spät ist. Ich habe noch keine aber ich denke es ist sinnvoll eine verfassen zu lassen.