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Keine Erbenhaftung bei Suizid

Stichwort Erbenhaftung: Das OLG Frankfurt hat in einer kürzlich getroffenen Entscheidung entschieden, dass Erben des Verstorbenen dem involvierten Lokführer nicht auf Schadensersatz haften, wenn der Schaden in einem die freie Willensentschließung ausschließenden Zustand zugefügt wurde (Beschluss vom 24.06.2020, Az. 16 U 265/19).

Der Sachverhalt

In vorliegendem Fall kollidierte ein Güterzug mit einer sich vermutlich in Suizidabsicht auf dem Gleisfeld aufhaltenden Person. Der Lokführer konnte die Person erst spät wahrnehmen, seine eingeleitete Sofortbremsung konnte die Kollision nicht mehr verhindern. Nach dem Vorfall war der Lokführer zwei Jahre arbeitsunfähig krank geschrieben. Der Arbeitgeber des Lokführers musste die Dienstbezüge des Lokführers weiter bezahlen und auch dessen Heilbehandlungskosten. Im Streit stand ein Schadensersatz über ca. 90.000 €, welche der Arbeitgeber des Lokführers von den Erben geltend machte. Wie traumatisch die sogenannten Schienensuizide für die beteiligten Lokführer sein kann schildert beispielsweise dieser Artikel.

Schuldhafte Begehung des Suizids als Kriterium für Erbenhaftung

Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Suizid schuldlos begangen wird. In vorliegendem Fall habe der Sachverständige festgestellt, dass der Verstorbene nur noch ein Ziel mit seinem Suizid kannte. Er habe weder zwischen richtig und falsch unterscheiden noch Alternativen wahrnehmen können. Eine bewusste und akribische Planung des eigenen Freitods spreche laut Oberlandesgericht nicht für seine Schuldfähigkeit. Das OLG lehnte ferner auch eine Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen ab, da die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen nicht besser als die des Geschädigten seien.

Effektive Abwehr von Erbenhaftungsansprüchen

Das Thema Erbenhaftung kann immer mal wieder in unterschiedlichen Konstellationen auf Erben zukommen. Es ist wichtig, dass Sie über Ihre Rechte und Pflichten als Erbe Bescheid wissen und mögliche Haftungsansprüche effektiv abwehren können.

Ausgleichungspflicht bei Miterben – von der Anrechenbarkeit von Pflegeleistungen im Erbfall

Wenn ein Pflegebedürftiger mehrere Abkömmlinge hat, aber nur von einem dieser Erbberechtigten im häuslichen Umfeld gepflegt wurde, so hat dieser pflegende Erbe Anspruch auf einen höheren Erbanteil. Es besteht eine sog. Ausgleichungspflicht.

Mit anderen Worten kurz gefasst: Wer einen nahestehenden Verwandten pflegt, der erbt auch mehr.

Voraussetzungen für Ausgleichungspflicht

Voraussetzungen für diese Ausgleichungspflicht ist jedoch:

  • die Pflege erfolgt durch einen Abkömmling (also Kind oder Enkel)
  • es hat nicht bereits zu Lebzeiten ein angemessener Ausgleich erfolgt wie beispielsweise durch Übertragung von Immobilieneigentum oder entsprechenden anderen Bar- oder Sachleistungen. Sind bereit solche Ausgleichsleistungen zu Lebzeiten des Pflegebedürftigen geleistet worden, dann bestehen keine Ansprüche mehr oder diese müssen zumindest entsprechend aufgerechnet werden.
  • ohne Relevanz für den Ausgleichsanspruch ist, ob der pflegende Angehörige weiterhin einer Berufstätigkeit nachgeht oder nicht. Es muss somit nicht mehr nachgewiesen werden, dass aufgrund der Pflegetätigkeit finanzielle Lohn- und Gehaltsbußen entstanden sind.

Vorsicht: Beweislast

Zum Problem kann für denjenigen, der eine Ausgleichungspflicht innerhalb einer Erbengemeinschaft geltend machen will, jedoch die Beweislast werden. Derjenige, der sich Ansprüche auf eine Ausgleichungspflicht gegenüber seinen Miterben berühmt muss natürlich im Streitfall die Beweise für die Erbringung der Pflegeleistungen erbringen. Dies kann etwa durch ein sogenanntes Pflegetagebuch geführt werden, in welchem die Pflegeleistungen jeden Tag erfasst und dokumentiert werden. Ansonsten könnte man auch daran denken Zeugen zu benennen, die die Pflegeleistungen bezeugen. An dieser Stelle soll jedoch nicht weiter ausgeführt werden wie „wackelig“ der Zeugenbeweis im Zweifelsfall sein kann.

Höhe der Ausgleichungspflicht

Für die genaue Höhe der Ausgleichungspflicht gibt es keinen genauen Richtwert. Die Höhe der Ausgleichungszahlung muss jedoch in einem angemessenen Verhältnis zum Gesamterben sowie zur tatsächlich erbrachten Pflegeleistung stehen. Hier gilt es sich mit den Miterben zu verständigen oder – wenn keine Einigung mit den Miterben erzielt werden kann – hilfsweise die Ansprüche in einem Gerichtsverfahren durchzusetzen und titulieren zu lassen. In einem Gerichtsverfahren liegt der „Stundenlohn“ und die tatsächlich erbrachte Pflegeleistungszeit im Ermessensspielraum des Richters. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser an den Pflegestundensätzen eines Pflegedienstes orientiert.

 

Sie haben Beratungsbedarf im Bereich der Ausgleichungspflicht? Ich stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich gerne unter post@kanzlei-woertz.de oder telefonisch unter 07195 / 583 56 80.